Als Hauptauslöser von Exazerbationen bei einer Bronchiektasen Erkrankung werden bakterielle Infektionen gesehen. Verschiedene Arbeiten zeigen, dass eine Zunahme der bakteriellen Last im Sputum mit einer erhöhten Rate an pulmonalen Exazerbationen einhergeht. Von besonderer Bedeutung ist der Gram-negative Erreger Pseudomonas aeruginosa, der bei etwa 30% der Patienten mit Bronchiektasen nachgewiesen werden kann. Betroffene Patient*innen haben eine erhöhte Rate an Exazerbationen, eine schlechtere Lebensqualität und eine erhöhte Mortalität. Nationale und internationale Bronchiektasen Leitlinien empfehlen daher bei Pseudomonas-Erstnachweis einen frühzeitigen Eradikationsversuch, also eine vollständige Eliminierung des Errgers mittels gezielter antibiotischer Medikation.
Diese kann jedoch nur rechtzeitig erfolgreich stattfinden, wenn der Erreger in den Atemwegen zweifelsfrei identifiziert wird. Eine Voraussetzung hierfür ist eine qualitativ hochwertige Sputum-Untersuchung. Eine Auswertung des Deutschen Bronchiektasen Registers PRGNOSIS konnte allerdings zeigten, dass bei Patienten mit Bronchiektasen im klinischen Alltag Sputumuntersuchungen nur selten durchgeführt werden (Universitätsklinikum 2x pro Jahr, Fachklinik 1x pro Jahr, pneumologische Praxis 0x pro Jahr). Neben den unterschiedlichen Patientenkollektiven, mit entsprechend unterschiedlichem Risiko für Pseudomonas-Infektionen, welche in diesen verschiedenen Stufen unseres Gesundheitssystems behandelt werden, stellt insbesondere die Sputum-Logistik ein relevantes Problem dar. So müssen erstens die Patienten in der Lage sein eine ausreichende Menge Sputum vor Ort abzugeben, zweitens muss ein ausreichend schneller Transport ins Labor gewährleistet sein und drittens muss das Sputum entsprechend bestimmter Qualitätskriterien aufgearbeitet werden um Pseudomonas aeruginosa mit einer möglichst hohen Rate zu detektieren - ein von vielen Unwägbarkeiten geprägter Prozess, der oft zu ungünstigem Krankheitsverlauf bei den Patient*innen führt.
Eine neue Methode zur Detektion von Infektionserregern ist die zellfreie DNA (cfDNA), die von zerfallenden Zellen ins Blut freigesetzt und mittels Next-Generation-DNA-Sequenzierung (NGS) analysiert werden kann. Mittels cfDNA von Bakterien können Bakteriämien, invasive Pilzinfektionen und akute Pneumonie diagnostiziert werden. Eine aktuell veröffentlichte Arbeit bei Mukoviszidose Patienten zeigte zudem, dass mittels cfDNA eine Identifikation von chronische Pseudomonas aeruginosa-infizierten Patienten möglich ist. Dies könnte von großem klinischen Nutzen sein und neue Therapiestrategien eröffnen.
Die klinische Studie um Studienleiter Dr. Pontus Mertsch am LMU-Klinikum Großhadern, die von der Stiftung Atemweg gefördert wird, hat zum Ziel, zu prüfen, ob man die bei Mukoviszidose gezeigten Ergebnisse auch bei Patienten mit Bronchiektasen reproduzieren kann, da diese im Vergleich zur Mukoviszidose eine geringere bakterielle Last der Lunge aufweisen. Darüber hinaus untersucht die Forschungsgruppe um Dr, Mertsch damit die Zusammenhänge zwischen dem cfDNA-Nachweis im Blut und Exazerbationen sowie zwischen dem cfDNA-Nachweis und der Ausprägung der neutrophilen Entzündungsreaktion in den Atemwegen. Sollte ein Zusammenhang zu erkennen sein, wäre dies ein großer Schritt hin zu erfolgsversprechenden Therapiestrategien bei Exazerbationen im Rahmen einer Bronchiektasen Erkrankung.